Nachgefragt: Interview mit Prof. Dr. Thomas Krupp

Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation in der Logistik

Wie bleibt die Logistikbranche wettbewerbsfähig in einer Welt des digitalen Wandels? Prof. Dr. Thomas Krupp, Experte für Transport- und Verkehrslogistik an der TH Köln, gibt im Interview wertvolle Einblicke in aktuelle Trends, Herausforderungen und Lösungen für Speditionsunternehmen – von der Bedeutung neuer Technologien bis hin zu praxisnahen Ansätzen für die digitale Transformation.

THOMAS KRUPP: Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Nürnberg und Sevilla promovierte ich am Lehrstuhl für Logistik der Universität Erlangen-Nürnberg zum Thema Benchmarking in der Kontraktlogistik. Heute bin ich Professor für Transport- und Verkehrslogistik an der Technischen Hochschule Köln, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, und leite seit 2016 den Master-Studiengang Supply Chain and Operations Management. Zuvor war ich Professor für Logistikmanagement an der Europäischen Fachhochschule in Brühl und habe dort auch als Dekan des Fachbereichs Logistikmanagement gearbeitet. Beruflich habe ich Erfahrungen in der Beratung und angewandten Forschung gesammelt, unter anderem bei Horváth & Partners im Competence Center Transportation sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter am damaligen Fraunhofer ATL in Nürnberg. Meine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Verkehr und Mobilität, strategisches Prozessmanagement, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Branchenlogistik, insbesondere Chemielogistik.


THOMAS KRUPP: Die technologische Entwicklung schreitet unglaublich schnell voran. Besonders die steigende Verfügbarkeit von Speicherplatz, Rechenleistung und die verbesserte Vernetzung zwischen Unternehmen schaffen hervorragende Voraussetzungen für den Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI). Entscheidend ist jedoch, diese Möglichkeiten auch aktiv zu nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und nicht den Anschluss zu verlieren.

Technologische Verknüpfungen sind ein echter Gamechanger. Ein anschauliches Beispiel dafür sind Frachtenplattformen, die die Branche nicht nur stark verändert, sondern auch ins Schwitzen gebracht haben. Sie fordern Spediteure heraus, ihr Know-how neu zu bewerten und Herausforderungen auf innovative Weise zu lösen – abseits traditioneller Ansätze, insbesondere durch gezielte Vernetzung. Allgemein wird die IT-Integration der Supply Chains weiter zunehmen, wodurch digitale „Black Boxes“ in der Logistik reduziert werden. Unternehmen, die sich beispielsweise bei der Parkplatzsuche oder anderen Prozessen auf Plattformen integrieren, verschaffen sich klare Wettbewerbsvorteile. So vervollständigt die Digitalisierung der Parkplatzsuche unternehmensübergreifend eine durchgängige Datenbasis – beispielsweise zur genaueren Kalkulation von Ankunftsdaten (ETA). Unternehmensintern werden dadurch Suchverkehre vermieden und der Stress für den Fahrer reduziert.


THOMAS KRUPP: Es gibt mehrere Herausforderungen. Oftmals sind IT-Lösungen für Speditionen wenig konkret und mit zu vielen Buzzwords behaftet. Dies kann abschreckend wirken, insbesondere wenn es Beispiele von gescheiterten großen Softwareprojekten gibt. Viele Unternehmen reagieren darauf mit Zurückhaltung und agieren leider oft nach dem Prinzip „Lieber nichts machen, als zu scheitern“

Ein weiterer Faktor ist der begrenzte finanzielle und kapazitäre Spielraum vieler Transportlogistiker. Dennoch ist es ein Irrglaube, dass Spediteure innovationsfeindlich sind. Vielmehr fehlt es oft an gezielter Unterstützung bei der Umsetzung von Softwareprojekten. Kooperationen zwischen Software- und Technologieanbietern, aber auch mit Unternehmen innerhalb der Branche können hierbei eine Schlüsselrolle spielen, um gemeinsam Entscheidungen zu treffen und Innovationen voranzutreiben.

Zusätzlich können risikoarme Ansätze wie kostenlose Tests von Softwarelösungen oder der Einsatz von „Low Hanging Fruits“ – also leicht umsetzbaren, bereits erprobten Technologien – einen schnellen Einstieg ermöglichen und erste Erfolge sichern. Diese niedrigschwelligen Lösungen sind ideal, um (durch erfolgreiche Projekte) Vertrauen und Erfahrungen innerhalb der Teams aufzubauen.

Ein weiterer zentraler Punkt ist das aktive Change Management. Unternehmen müssen Ängste vor Rationalisierungen abbauen und alle Mitarbeitenden in den digitalen Wandel einbinden. Gute Kommunikation und ein klares Konzept helfen, Widerstände zu überwinden und Motivation zur Gestaltung der digitalen Zukunft zu schaffen. Mit einem mutigen Digitalisierungsansatz können Herausforderungen wie der Fachkräftemangel bei erfahrenen Disponenten effektiv angegangen werden. Innovative Softwarlösungen reduzieren zeitraubende Routineaufgaben, sodass sich die Disponenten auf die wirklich anspruchsvollen Fälle konzentrieren können – ein entscheidender Schritt im Kampf gegen den Fachkräftemangel.


THOMAS KRUPP: Die Logistikbranche wird weiterhin wirtschaftlichem Druck ausgesetzt sein, etwa durch geringe Margen. Auch der technologische Wandel wird nicht stillstehen, was den Anpassungsdruck auf Unternehmen erhöht. Dennoch sehe ich hier auch Chancen: