Ab 2027 wird der Verkehrssektor in den EU-Emissionshandel (EU-ETS) einbezogen. Diese Entscheidung zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen der EU weiter zu senken und die Klimaziele der Union zu erreichen (Die Bundesregierung). Für die Stückgutlogistik, die auf den Straßenverkehr angewiesen ist, ergeben sich dadurch tiefgreifende Veränderungen, aber auch mögliche Chancen. In diesem Beitrag beleuchten wir, wie der EU-CO₂-Handel die Branche beeinflussen wird.
1. Höhere Betriebskosten durch steigende CO₂-Preise
Der EU-ETS zielt darauf ab, die Kosten für Kohlenstoffemissionen auf die Verursacher zu übertragen. Dies bedeutet, dass Logistikunternehmen für ihren Treibstoffverbrauch CO₂-Zertifikate erwerben müssen. Studien gehen davon aus, dass diese Maßnahme die Kraftstoffpreise erheblich erhöhen könnte. Kurzfristige Prognosen schätzen, dass der CO₂-Preis für den Verkehrssektor zu einer Steigerung der Kraftstoffkosten von rund 10 bis 12 Cent pro Liter bis 2030 führen könnte (Eurotransport). Diese Entwicklung könnte, abhängig von der Marktentwicklung und politischen Entscheidungen, bis 2035 oder 2040 weiter steigen. Laut einer Analyse des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) könnten die Preise für Diesel bis 2045 auf fast 3 €/Liter steigen, was den Druck auf die Logistikbranche erhöht (MCC Berlin). Logistikunternehmen werden entscheiden müssen, ob sie diese Kosten an ihre Kunden weitergeben oder durch effizientere Prozesse und innovative Technologien, wie die Nutzung alternativer Kraftstoffe oder Antriebe, kompensieren.
2. Nachhaltigkeit als Zukunftsstrategie
Während die neuen Vorschriften den Kostendruck auf die Branche erhöhen, eröffnen sie gleichzeitig die Möglichkeit, nachhaltige Technologien als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Alternativen wie Elektro- und Wasserstoff-Lkw werden durch die steigenden CO₂-Kosten attraktiver. Der EU-ETS könnte somit ein Anreiz für Investitionen in emissionsfreie Fahrzeuge sein. Dies bestätigt eine Studie von Agora Verkehrswende, die zeigt, dass batterieelektrische Lkw bereits für Langstrecken eine kostengünstige und wettbewerbsfähige Alternative darstellen (Agora Verkehrswende).
3. Verlagerung auf umweltfreundliche Transportmethoden
Mit der Einführung des EU-ETS könnte es zu einer verstärkten Verlagerung auf umweltfreundlichere Transportmethoden wie Schienenverkehr oder Binnenschifffahrt kommen. Diese Verkehrswege verursachen weniger CO₂-Emissionen als der Straßenverkehr und bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Emissionen zu senken und damit Kosten zu sparen (Bundesministerium für Digitales und Verkehr). Vor allem die multimodale Logistik, bei der verschiedene Verkehrsträger kombiniert werden, könnte in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.
Es gibt aber auch kritische Bedenken hinsichtlich der Verlagerung der Transportlogistik auf den Schienenverkehr. Zu den Hindernissen zählen umfassende Einschränkungen durch Baustellen, ein Mangel an qualifiziertem Personal, unzureichende Kapazitäten in den Terminals sowie technische Probleme wie nicht kranbare Trailer. Diese Faktoren erschweren einen signifikanten Umstieg auf den Schienenverkehr und könnten die Bemühungen um eine nachhaltige Logistikstrategie beeinträchtigen (TIMOCOM).
4. Effizienzsteigerung durch Digitalisierung
Um die durch den CO₂-Preis steigenden Betriebskosten zu kompensieren, werden viele Logistikunternehmen verstärkt auf Digitalisierung setzen müssen. Technologien zur Routenoptimierung, Telematik und Big Data-Analysen ermöglichen eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen und können helfen, Leerfahrten zu reduzieren und den Kraftstoffverbrauch zu senken.
Bezogen auf die Digitalisierung in der Stückgutlogistik kann eine Tourenplanungssoftware eine entscheidende Rolle spielen, indem sie die Lieferwege optimiert und somit die Effizienz der gesamten Logistikprozesse erheblich steigert. Durch die Minimierung von Leerfahrten und die Reduzierung der gefahrenen Kilometer senkt die Software die Betriebskosten und die CO₂-Emissionen. Unternehmen können durch diese Technologien nicht nur Kosten sparen, sondern auch ihre Nachhaltigkeitsziele besser erreichen. Insgesamt trägt eine intelligente Tourenplanung dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit im Kontext steigender CO₂-Preise zu sichern.
5. Konsolidierung des Marktes und Kooperationen
Für kleinere Logistikunternehmen wird der steigende Kostendruck und die Notwendigkeit zur Investition in neue Technologien eine besondere Herausforderung darstellen. Kooperationen können helfen wettbewerbsfähig zu bleiben, da größere Unternehmen durch Skaleneffekte besser in der Lage sind, die finanziellen Belastungen zu tragen (Gipfel der Logistikweisen). Durch gemeinsame Nutzung von Ressourcen, wie beispielsweise Lagerflächen oder Transportkapazitäten, können Kosten gesenkt und Effizienzen gesteigert werden. Zudem können Kooperationen den Zugang zu neuen Technologien erleichtern und die Innovationskraft stärken.
6. Kundenanforderungen und CO₂-neutrale Lieferketten
Immer mehr Unternehmen verlangen von ihren Logistikdienstleistern, dass sie nachhaltige Transportlösungen anbieten. Unternehmen wie IKEA und Unilever haben bereits angekündigt, ihre Lieferketten CO₂-neutral zu gestalten und nur noch mit Logistikunternehmen zusammenzuarbeiten, die entsprechende Maßnahmen umsetzen (Logistik Heute, Unilever) .
Für Logistikdienstleister bedeutet dies, dass Transparenz und Nachhaltigkeit zu zentralen Faktoren im Wettbewerb werden. Die Fähigkeit, den CO₂-Fußabdruck von Transporten genau zu messen und zu berichten, wird zunehmend zu einem entscheidenden Kriterium bei der Auftragsvergabe.
Fazit: Der EU-CO₂-Handel als Katalysator für den Wandel in der Stückgutlogistik
Der EU-CO₂-Handel wird für die Stückgutlogistik zunächst eine Herausforderung darstellen, da die Kosten für fossile Brennstoffe steigen werden. Unternehmen, die jedoch frühzeitig in nachhaltige Technologien und effizientere Prozesse investieren, können langfristig profitieren. Der Emissionshandel bietet somit nicht nur Risiken, sondern auch große Chancen, sich als Vorreiter einer klimafreundlicheren Logistikbranche zu etablieren.