Über 2,20 Euro für einen Liter Superbenzin; der einst so günstige Diesel ist mit 2,30 Euro pro Liter sogar noch teurer. Die Preise für Kraftstoffe sind in ganz Deutschland in die Höhe geschnellt. Besonders schwierig ist die Situation bei denen, deren Geschäft das Fahren ist: die Speditionen.
Betroffen sind laut Augsburger Allgemeine zum einen 20.000 Kleinunternehmen mit ein bis neun Beschäftigten und ein bis drei LKW. Dieses sind meist klassische mittelständische Betriebe, die nun Gefahr laufen, insolvent zu gehen. Denn Folge der Preissteigerungen wird sein, dass erhöhte Transportkosten sich am Ende der Lieferkette niederschlagen und auf den Kunden bzw. Verbraucher weiterberechnet werden müssen.
Aber auch große Logistikunternehmen spüren die Auswirkungen. “Wir sind aktiv mit unseren Kunden im Dialog, um gemeinsam diese schwierige Zeit durchstehen zu können”, wird Helmut Treffer, Mitglied der Geschäftsführung beim Logistiker Andreas Schmid in Gersthofen, in dem Artikel zitiert. 140 eigene Lkw sind für die Firma auf den Straßen, dazu kommen selbstständige Transporteure. Die Kunden könnten die Probleme nachvollziehen, so Treffer. Die Transportkosten werden in Zukunft weiter steigen, die Energiepreise seien immer die größten Kostentreiber, sagt er. Laut Treffer liegt bei einem Diesel-Lkw der Anteil des Sprits an den Betriebskosten momentan zwischen 27 und 40 Prozent.
Die Stückgut-Nahverkehrslogistik ist als „letzte Meile“ ein kritisches Element im komplexen System der Güterverteilung. Dennoch wird sie von der Allgemeinheit selten wahrgenommen – solange sie reibungslos funktioniert. Neben dem aktuell dramatischen Anstieg der Kraftstoffpreise machen ihr in den letzten Jahren auch noch weitere Herausforderungen zu schaffen, für die es keine einfachen Lösungen gibt:
1. ARBEITEN AN DER KAPAZITÄTSGRENZE
Schon seit Jahren wächst die Zahl der Sendungen unaufhörlich an. Die Pandemie hat diesen Trend noch zusätzlich verstärkt, da sich die Verlagerung eines erheblichen Teils des Einzelhandels ins Internet auch auf den Stückgutnahverkehr auswirkt, der zunehmend auch B2C-Ladung handhabt. Aber auch das Geschäft mit den B2B-Stammkunden erreicht oft die Grenzen des Machbaren. Sendungen sind immer öfter nicht am nächsten Tag auslieferbar, blockieren kostbaren Stellplatz im Lager und erschweren die Umschlagprozesse. Während das zusätzliche Problem der Corona-bedingten Schutzmaßnahmen hoffentlich in absehbarer Zeit verschwinden wird, bleibt das enorme Volumen an Sendungen, die flächendeckend über alle Regionen hinweg die Netzwerke an ihre Leistungsgrenzen bringen. Viele Unternehmen versuchen, sich durch zeitweilige Verladestopps und Mengenbegrenzungen bzw. Aussetzen einzelner Relationen zu helfen – was niemand gerne tut. Investitionen in Depotvergrößerungen, Neubauten und Fahrzeuge können aufgrund des Personalmangels die Überlastung nur bedingt reduzieren. Für deutlich wirksamer halten führende Player deshalb Prozessoptimierungen durch moderne Technologien.
2. DISPOSITION
Kapazitätsgrenzen stellen die Disposition vor praktisch unlösbare Aufgaben. Die Disposition war schon in „normaleren Zeiten“ eine äußerst komplexe Aufgabe, die jahrelange Erfahrung und großes organisatorisches Geschick erforderte. Heute ist sie ein gordischer Knoten – wie soll man ein wachsendes Auftragsvolumen mit begrenzter Transportkapazität in Einklang bringen? Den Disponenten bleibt im Tagesbetrieb nichts anderes übrig, als „auf Sicht zu fahren“. Das bedeutet zwangsläufig, dass improvisiert werden muss und nicht immer die effizienteste Lösung gewählt werden kann, weil einfach die Zeit nicht ausreicht, um alle Sendungen unterzubringen. Die aussichtsreichste Lösung zur Bewältigung dieser Herausforderung besteht darin, Prozesse und Teilprozesse, die nicht unbedingt menschliche Intelligenz verlangen, in leistungsfähige Software zu verlagern. Hier besteht durchaus noch reichlich Optimierungspotenzial.
3. KOSTEN
Unkalkulierbare Rohölpreise an den Weltmärkten und der drastische Anstieg der Kraftstoffpreise sowie die phasenweise Steigerung der CO2-Abgabe werden zunehmend zu einer zentralen wirtschaftlichen Herausforderung für die Logistikbranche. Zwar kann sie die Mehrkosten auf ihre Preise aufschlagen, aber die Konkurrenz ausländischer Logistikfirmen mit insgesamt niedrigeren Betriebskosten schränkt diese Spielräume ein. Die allgemeine Personalknappheit und steigende Personalkosten, auch infolge vieler Überstunden und Wochenendzuschläge, sind ein weiterer Faktor, der die Bilanzen beeinträchtigt. Begrenzte Fahrzeugzahlen treiben die Tagessätze in die Höhe, und knappe Lagerkapazitäten zwingen zur Limitierung der Sendungsmengen bzw. zur Anmietung teurer Zusatzflächen. All das wirkt sich ungünstig auf die Ertragslage von Logistikunternehmen aus und verstärkt den Optimierungsdruck in den Bereichen, in denen „noch etwas geht“ – in den internen Prozessen beispielsweise, wo zukunftsweisende Software viele Büroarbeitsstunden einsparen und das Fachpersonal für andere wertschöpfende Zwecke verfügbar machen kann.
4. EMISSIONEN
Die für die Zukunft angestrebte Klimaneutralität des Verkehrs ist eine wesentliche Herausforderung für Stückgutnetze. Der Druck zur Senkung der Emissionen wächst. Bislang ist noch keine überzeugende alternative Energiequelle für Lkw verfügbar oder absehbar. Biokraftstoffe sind vorläufig noch zu knapp. Investitionen in emissionsärmere Fahrzeuge müssen sich betriebswirtschaftlich rechnen. Bis auf weiteres hat die Logistikbranche keine andere Wahl, als mit den verfügbaren Mitteln die Emissionen möglichst niedrig zu halten – etwa indem die emissionsärmsten Fahrzeuge der Flotte bevorzugt eingesetzt werden, sofern man überhaupt eine Wahl hat. Das bedeutet, dass die Mehrzahl der emissionsintensivsten Streckenkilometer bzw. Motorbetriebsstunden auf diese Fahrzeuge konzentriert werden muss – keine ganz leichte Aufgabe. Geeignete Fahrzeug- und Streckendispositionssoftware kann diese Aufgabe jedoch im Gesamtzusammenhang der Dispositionsoptimierung bewältigen.
5. AUSLASTUNGSSCHWANKUNGEN
Die Logistik befindet sich derzeit in einer Phase der Überlastung. Einfach davon auszugehen, dass das auf Dauer so bleiben wird, wäre jedoch naiv. Nahverkehrslogistik ist Tagesgeschäft – ein erheblicher Anteil des Sendungsaufkommens ist nicht vorhersehbar. Was nach der Pandemie geschehen wird, ist derzeit noch nicht klar. Die Probleme der internationalen Belieferungsketten bestehen jedenfalls vorläufig weiter; der Containermangel geht nur langsam zurück, und die chinesische Null-Covid-Politik verursacht weiterhin Verzögerungen an den Terminals des Landes und damit Rückstaus von Schiffen und Lieferverzögerungen. Auch andere Faktoren – eine Havarie im Suezkanal, politische Verwerfungen usw. – können das Auftragsvolumen kurzfristig erheblich schwanken lassen. Wer jetzt in Depots und Fahrzeuge investiert und Personal einstellt, kann die aktuellen Auslastungsspitzen vielleicht besser bewältigen, geht aber auch ein Kostenrisiko ein, sollte die Nachfrage dauerhaft wieder sinken. Eine Investition in leistungsfähige Software zur Prozessoptimierung kann einen erheblichen Beitrag zur Bewältigung solcher Risikofaktoren leisten, insbesondere dann, wenn künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommt, die auch „weiche“ Faktoren einkalkulieren und im Laufe der Zeit aus den erfassten menschlichen Entscheidungen lernen kann.
Nicht alle Herausforderungen der Nahverkehrslogistik sind durch Software lösbar – aber moderne Software und KI können zahlreiche Abläufe – insbesondere auch in der Disposition – optimieren und beschleunigen. Dank Streckenoptimierung und besserer Fahrzeugauslastung lassen sich Fahrzeuge einsparen. Zugleich werden Menschen entlastet, um sich anderen Aufgaben zu widmen.